Ausbildung: Interview mit einem Hörakustikmeister
HÖREXperte Stephan Wilke weiss, worauf es bei der Ausbildung zum Hörakustiker ankommt
Stephan Wilke ist Hörakustikmeister und Inhaber von Wilke Hörakustik. Er betreibt Fachgeschäfte in Münster, Hiltrup und Nottuln. An seiner Arbeit schätzt Wilke vor allem die Abwechslung. Aber das ist längst nicht alles, was aus seiner Sicht den Beruf des Hörakustikers ausmacht.
Herr Wilke, was hat Sie dazu bewogen, Hörakustiker zu werden?
Stephan Wilke: Nach dem Abitur habe ich verschiedene Praktika gemacht und so in einige Berufe hineinschnuppern können. Immer hat mich etwas gestört. Erst in der Hörakustik war das anders. Mich hat von Anfang an begeistert, wie vielfältig der Beruf ist: Als Hörakustiker bin ich jeden Tag Handwerker, Techniker, Verkäufer, Gesundheitsexperte und einfühlsamer Berater in einem.
Welche Stärken sollte ein Azubi für den Beruf des Akustikers mitbringen?
Bei den Zeugnissen achte ich besonders auf die Noten in Mathe und Physik. Noch wichtiger aber ist die Frage, ob jemand auf Menschen zugehen kann. Vieles kann man lernen, aber das Interesse für Menschen muss in einem angelegt sein. Eine wichtige Rolle spielen auch handwerkliches Geschick und Lernbereitschaft.
Wie gesagt: Der Beruf ist sehr vielfältig, und entsprechend umfassend ist die Ausbildung. Und in Hörgeräten steckt jede Menge modernster Technik, die sich ständig weiterentwickelt. Da muss man stets auf dem Laufenden bleiben.
Junge Menschen sind oft unsicher, ob ein Beruf der richtige für sie ist. Haben Sie einen Rat?
Ich selbst habe meine Leidenschaft für die Hörakustik während eines Praktikums entdeckt. Diese Möglichkeit biete ich angehenden Azubis nun selbst an. Davon profitieren beide Seiten: Praktikanten bekommen ein Gefühl dafür, was sie erwartet – beruflich, aber auch in Bezug auf den Betrieb. Und ich als Arbeitgeber kann mir einen ersten Eindruck davon verschaffen, wie sich jemand konkret im Arbeitsalltag verhält. Das Praktikum muss nicht lange dauern, ein paar Tage können schon ausreichen.
Kann man in der Hörakustik Familie und Beruf vereinen?
Ich denke, nach der Ausbildung sind grundsätzlich ganz unterschiedliche Arbeitszeitmodelle machbar. Wir sind für individuelle Absprachen offen – und viele andere Betriebe, die ich kenne, ebenfalls.
Wie sieht der Weg zum Meistertitel aus?
Für den Meistertitel müssen Hörakustikgesellen eine Prüfung ablegen. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sich darauf vorzubereiten – zum Beispiel mit dem Meisterstudium in Vollzeit an der Akademie für Hörakustik in Lübeck. Dieses dauert elf Monate. Meistervorbereitung und Arbeit im Betrieb lassen sich aber auch verbinden. Die Grundlage dafür ist ein Vertrag zwischen Arbeitgeber und Geselle. Die Konditionen werden individuell ausgehandelt.
Über welche Aspekte haben wir uns noch nicht unterhalten?
Die Ausbildung eröffnet viele Wege, der Meistertitel ist nicht die einzige Option. Wer sich für Forschung und Entwicklung interessiert, kann zum Beispiel an der Fachhochschule Lübeck ein Bachelorstudium absolvieren. Und: Zukunftssicher ist der Beruf ebenfalls, da die Zahl der Schwerhörigen aufgrund der demografischen Entwicklung stetig wächst.
Das klingt nach einem wahren Traumjob. Gibt es auch weniger schöne Aspekte in der Hörakustik?
Wir Hörakustiker verkaufen ein Produkt, das eigentlich keiner haben will. Auch wenn das Image von Hörgeräten deutlich besser geworden ist, ist es immer noch unsere Aufgabe, Menschen mit einem Hörverlust von den Vorteilen der kleinen technischen Wunderwerke zu überzeugen – und auch klarzumachen, dass wir eine Hörminderung nicht heilen, sondern stattdessen die Hörfähigkeit verbessern können. Das ist auf jeden Fall eine Herausforderung. Aber es lohnt sich, sich darauf einzulassen. Wir geben den Betroffenen ganz viel Lebensqualität zurück – sehr viele unserer Kunden wissen das zu schätzen.